Glück als Bedürfnisbefriedigung

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Ich möchte hier ein neues Konzept von dem vorstellen, was wir Glück nennen und es auch umfassend begründen. Dabei nutze ich zahlreiche bekannte Theorien und Ideen und führe sie zusammen. Der leichteren Lesbarkeit und der Zielgruppenorientierung wegen, habe ich die theoretischen Grundlagen - bis auf das Modell von Abraham Maslow - das für meine Überlegungen zentral ist, auf einer eigene Seiten zusammengefasst. Wenn Sie also die psychologischen Grundlagen meiner Konzepte interessiert, finden Sie diese hier.

Glück ist Bedürfnisbefriedigung

Ich hoffe, dass diese Idee es auch ermöglicht ein glücklicheres Leben zu gestalten. Schon 1961 erforschte die Lebenslaufpsychologin Charlotte Bühler was Menschen glücklich machte und ordnete die Antworten ebenfalls vier Bereichen zu:

  1. Glück aufgrund der Erfüllung von Bedürfnissen und Wünschen
  2. Glück aufgrund sozialer Integration und Anerkennung
  3. Glück durch persönliches Schaffen und Wirken
  4. Glück als innere Harmonie und Ordnung

Was meint Bühler hier mit Bedürfnissen und Wünschen? Macht uns die Erfüllung unserer Wünsche wirklich glücklich? Tatsächlich gibt es sehr gute Belege, dass dem nicht so ist. Wir Menschen sind im Wünschen nicht besonders gut, weil wir ein paar strukturelle Probleme damit haben, die Zukunft korrekt vorherzusagen bzw. sie nicht vorausfühlen zu können. Anders sieht es aber mit dem aus, was wir Bedürfnisse nennen. Tatsächlich kann man Bühlers Liste auf diesen Punkt reduzieren. Dazu benutzt ich das wohl bekannteste Strukturmodell zu Bedürfnissen, jenes von Abraham Maslow, einem der Kollegen von Bühler, der mit ihr den psychologischen Humanismus begründet hat. Daraus ergibt sich, dass man Glück als Ergebnis von Bedürfnisbefriedigung sehen kann. Da es aber strukturell unterschiedliche Arten von Bedürfnissen gibt, unterscheiden sich auch die Arten von Glück.
Zusätzlich stelle ich noch eine Behauptung auf, nämlich jene, dass alle (psychisch gesunden) Menschen die gleichen Bedürfnisse haben, sie sind universell. Die Stärke und vor allem die Arten, wie wir sie befriedigen ist allerdings sehr individuell und manchmal dysfunktional.

Hier sind meine ersten Thesen:

Glück ist das Ergebnis von Bedürfnisbefriedigung.
Strukturell unterschiedliche Bedürfnisarten bedingen unterschiedliche Formen von Glück.
Alle Menschen haben die gleichen Bedürfnisse.
Stärke und Erfüllungsstrategien sind individuell unterschiedlich.

Wie unterschiedliche Bedürfnisformen unterschiedliche Arten von Glück verursachen

Das bekannteste Modell in Bezug auf die Arbeiten von Abraham Maslow (1908-1970) ist tatsächlich nicht von ihm. Die bekannte Darstellungsform seines Bedürfnismodells, die Bedürfnispyramide, geht vermutlich auf Charles McDermid zurück. Maslow revidierte sein Modell 1970 und bestimmte folgende acht Bedürfnisebenen:

  1. Physische Bedürfnisse
  2. Sicherheitsbedürfnis
  3. Soziale Bedürfnisse
  4. Individualbedürfnisse
  5. Kognitive Bedürfnisse
  6. Ästhetische Bedürfnisse
  7. Selbstverwirklichung
  8. Transzendenz

Diese Ebenen sind einigermaßen abstrakt formuliert und wir werden bestimmen müssen, was darunter jeweils konkret zu verstehen ist.

 

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Ich zeige hier nun doch die Pyramidendarstellung. Einerseits ist diese hilfreich, um den strukturellen Zusammenhang vereinfacht darzustellen, aber genau das ist auch der Nachteil, spiegelt das Modell doch eine zu geringe Komplexität der Zusammenhänge dar. Genau das nutzten übrigens viele Kritiker des Modells, wobei es allerdings scheint, als hätten diese die entsprechenden Arbeiten von Maslow garnicht gelesen. Das Modell ist nämlich nichts anderes als ein (nützliches) Modell und wir finden sehr leicht einzelne Gegenbeispiele. Die Idee, alle physiologischen Bedürfnisse müssten befriedigt sein, bevor "höhere Bedürfnisse" schlagend würden, ist in den meisten Fällen sehr einleuchtend, allerdings würde niemand einen Hungerstreik antreten, wäre das zwingend so. Gerade wir Menschen sind durchaus in der Lage die Pyramide sprichwörtlich manchmal auf den Kopf zu stellen. Es steht aber außer Frage, dass lebensbedrohliche Umstände, wie sie durch einen Mangel von grundlegenden Bedürfniserfüllungen auftreten, für alle Menschen besondere Prioritäten haben.

Defizit- und Wachstumsbedürfnisse

Menschliche Bedürfnisse sind höchst unterschiedlich. Dominant ist alles, was dem Überleben dient, insbesondere die Aufrechterhaltung der körperlichen Funktionsfähigkeit und der Integrität. Das stellen einerseits physiologische Bedürfnisse, wie beispielsweise das nach Nahrung, sicher, andererseits das Sicherheitsbedürfnis, das für unsere Betrachtung eine ganz besondere Rolle spielt. Der Mensch besteht aus zahlreichen Regelkreisen. Betrachten wir das am Beispiel des grundlegenden Bedürfnisses nach Nahrung. Ist der Körper im Gleichgewicht, wir sprechen von Homöostase, ist alles in Ordnung. Fehlt dem Körper Nahrung oder Flüssigkeit, gerät er also aus dem Gleichgewicht, wird dieses Defizit durch körperliche Signale rückgemeldet. Wir erleben Emotionen. In meiner Definition sind Emotionen also körpernahe meist unbewusste Nachrichten über den Status von Bedürfnissen. Wir erleben Hunger oder Durst. Hier kommt, gerade bei den physiologischen Bedürfnissen noch ein weiterer Faktor dazu, der darüber entscheidet ob wir die Bedürfnisbefriedigung tatsächlich als "glücksfördernd" erleben. In jedem Fall befriedigt Essen und Trinken ein elementares Bedürfnis. Man kann davon ausgehen, dass sowohl Hunger als auch Durst, speziell wenn sie intensiv auftreten, unglücklich machen. Das bedeutet aber noch nicht, dass Essen und Trinken, also Bedürfnisbefriedigung auf diesem Niveau, per se schon glücklich machen. Dazu fehlt noch eine spezielle Qualität dieser Bedürfnisbefriedigung.

Ich hoffe, Sie haben schon Glücksgefühle beim Essen und Trinken erlebt. Einerseits passiert das, wenn das Bedürfnis sehr stark frustriert war, also Hunger und Durst sehr stark, andererseits, wenn wir die Bedürfnisse auf eine spezielle Art stillen, wenn wir essen was uns schmeckt und das besonders achtsam tun. Jede Bedürfnisbefriedigung reduziert zumindest Unglück, wenn wir das auf eine spezielle Art tun, erleben wir positive Emotionen also eine Form von Glück.

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Je höher wir in Maslows Modell steigen, umso komplexer werden die Bedürfnisse und vielfältiger die Arten, um sie zu befriedigen. Dabei überschneiden sich Bedürfniskategorien. Beispielsweise kann man die für Menschen extrem relevanten sozialen Bedürfnisse auch als Beitrag zum Sicherheitsbedürfnis verstehen. Maslow unterscheidet grundsätzlich zwischen Defizit- und Wachstumsbedürfnissen, wobei die Trennung ebenfalls nicht so klar gezogen werden kann. Aus unterschiedlichsten Forschungsergebnissen, beispielsweise jener in Zusammenhang mit der Selfdeterminationtheory von Deci & Ryan, kann man berechtigt annehmen, dass Menschen das Bestreben haben zu "wachsen". Das ist keinesfalls selbstverständlich. Gerade in manchen Ideen zu Führung in Organisationen wird postuliert, dass man Menschen, wenn man will, dass sie Leistung erbringen, unzufrieden, sprich unglücklich, machen muss. Diese Annahme verkennt grundlegend die menschliche Natur.

Je höher wir in kommen, umso mehr dominieren auch kognitive Konstrukte über rein körperliche. Viktor Frankl meint zu Recht, dass Menschen ein Bedürfnis nach Sinnerfüllung haben. Diesem entspricht aber kein körperliches Defizit. Hier dominieren Gefühle über Emotionen, auch wenn diese nicht völlig verschwinden.

Konsequenzen

Was bringt uns diese Theorie nun in Bezug auf unser Glück? Tatsächlich hoffentlich eine Menge!

Doch zuerst lassen Sie mich kurz zusammenfassen:

  1. Glück entsteht aus Bedürfnisbefriedigung!
  2. Auch, wenn Bedürfnisse selbst universell sind, sind Bedürfnisbefriedigungsstrategien individuell und vielfältig.
  3. Emotionen und Gefühle sind Botschaften über Bedürfniszustande.
  4. Bedürfnisarten unterscheiden sich stark, je "köpernahe" oder "köperferne" sie sind.
  5. Es gibt unterschiedliche Qualitäten der Bedürfnisbefriedigung.

Damit ist es, zumindest in der Theorie leicht glücklich zu werden. Ich muss meine Emotionen und Gefühle wahrnehmen und sie korrekten Bedürfnissen zuordnen. Dann befriedige ich diese Bedürfnisse in einer möglichst hochqualitativen Art.

So einfach könnte es sein glücklich zu werden!

Warum das in der Praxis nicht ganz so leicht ist, zeige ich auf den folgenden Seiten.

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