Eines der Hauptprobleme, das uns daran hindert, glücklich zu werden, ist, dass es evolutionär wichtiger war zu überleben, als gut zu leben. Ich erkläre immer wieder, dass Glück aus einer speziellen Art von Bedürfnisbefriedigung entsteht und das wohl wichtigste Bedürfnis, ja, wichtiger selbst als grundlegende körperliche Bedürfnisse, ist das Sicherheitsbedürfnis. Wenn unsere Vorfahren ihre Sicherheit für die Erfüllung anderer Bedürfnisse eingeschränkt haben, hatten sie möglicherweise keine weitere Gelegenheit sich fortzupflanzen. Sprich, es haben die Vorsichtigen und Ängstlicheren eher überlebt. So steht das Sicherheitsbedürfnis sehr oft der Erfüllung anderer Bedürfnisse, vor allem Wachstumsbedürfnissen, im Weg. Wachstum ist mit Veränderung verbunden und diese ist nun einmal potenziell bedrohlich. Deshalb lieben wir es, wenn alles bekannt und vertraut ist.
Das seltsame Wertemodell unserer Gesellschaft
In einer Studie aus dem Jahre 2023 haben schwedische Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Intelligenz und Einkommen untersucht. Das Ergebnis ist nur scheinbar überraschend. Bis zu einem Jahreseinkommen von rund €60.000 gibt es einen Zusammenhang, je intelligenter desto höheres Einkommen. Doch dann flacht sich das Niveau der Kurve ab und kehrt sich sogar bei höheren Einkommen um. Ähnliches wurde auch schon für das Konzept der emotionalen Intelligenz nachgewiesen und dort irrtümlicherweise als Widerlegung gedeutet.
Der österreichisch-amerikanische Psychologe Walter Mischel hat 1970 ein sehr bekanntes Experiment mit Kindern im Alter zwischen 4 und 5 Jahren durchgeführt. Mischel bot diesen Kindern ein Marshmallow an, erklärte ihnen aber auch, dass er den Raum verlassen würde und sie, wenn das Marshmallow dann noch da wäre, wenn er wieder käme, ein zweites als Belohnung erhalten würden. Daraufhin verließ er für ca. 15 Minuten den Raum. Nach seiner Rückkehr erhielt das jeweilige Kind die zweite Leckerei .... oder eben nicht.
Wie lange können wir Versuchungen widerstehen? Was bringt es und wie hoch ist der Preis?
Der Kurier berichtet über einen „Fachkräftereport“ von hokify und titelt „Neue Umfrage: Gehalt schlägt erstmals Work-Life-Balance“. Im Artikel wird die hokify-CEO Jutta Perfahl-Strilka wie folgt zitiert: “Wir haben über 1.000 Leute befragt, für 24 Prozent war das höhere Gehalt der Hauptgrund für einen Jobwechsel. Den sicheren Arbeitsplatz gaben 19 Prozent als Grund an. Zusammengefasst sind das 43 Prozent. Die beiden softeren Faktoren – flexible Arbeitszeiten und bessere Work-Life-Balance – kommen zusammen auf nur auf 28 Prozent. Geht es also darum, die Familie zu ernähren, braucht es die harten Faktoren Geld und Sicherheit.“
Ist Geld wirklich das wichtigste Motiv für Arbeit?
Eine für uns besonders wichtige Art von Systemen sind jene, in denen wir leben, soziale Systeme. Wir haben als Beispiel bereits die Familie kennengelernt. Woraus bestehen nun solche sozialen Systeme? Die logische, auf der Hand liegende und falsche Antwort ist „aus Menschen“. Geht es nach dem deutschen Soziologen und einem der Begründer einer besonders wichtigen Variante von Systemtheorien, Niklas Luhmann, bestehen soziale Systeme aus Kommunikation.
Es ist gar nicht so einfach, zu beschreiben, was genau „systemisch“ bedeutet. Es leitet sich als Eigenschaft von „System“ ab. Sogar Wikipedia scheitert an der Definition, da dort zu lesen ist, dass die Bedeutungszuweisung nach Fachgebiet sehr unterschiedlich ist. Etymologisch stammt System vom altgriechischen sýstēma „aus mehreren Einzelteilen zusammengesetztes Ganzes“, und es wird für etwas bezeichnet, dessen Struktur aus verschiedenen Komponenten mit unterschiedlichen Eigenschaften besteht, die aufgrund bestimmter geordneter und funktionaler Beziehungen untereinander als gemeinsames Ganzes betrachtet werden (können) und so von anderem abgrenzbar sind. Wir sprechen also von einer Menge an Beziehungen.
Teil 1: Sich selbst gerecht werden
Der Begriff Authentizität stammt aus dem Griechischen: „authentikós“ – „echt“. Authentisch zu sein bedeutet also Echtheit. Carl Rogers, der Begründer der Personenzentrierten Therapie spricht von Kongruenz des Therapeuten als einem der Grundpfeiler seiner Therapieform.
Wann ist man echt bzw. kongruent? Schauen wir uns einmal die Definition von Kongruenz an, sehen wir dass der Begriff in unterschiedlichen Kontexten verwendet wird. In der Geometrie sind Flächen kongruent, wenn sie deckungsgleich sind, in anderen Bereichen spricht man von Übereinstimmung.
Teil2: Das was ankommt
In Teil 1 ging es darum zu überprüfen ob unsere Vorstellung von uns, sich auch mit unserem Verhalten deckt. Doch damit endet die Reise zur Authentizität nicht, es ist erst der Anfang. Für die Feuerprobe brauchen wir andere Menschen. Dem (reflektierten) Selbstbild stellen wir nun das Fremdbild gegenüber. Also das Bild das andere von uns haben. Wenn wir das in Bezug auf das Johari-Fenster setzen, erkunden wir nun unseren blinden Fleck, also das wo unsere Selbstreflexion an unsere Grenzen stößt.
Schaut man sich in unserer modernen Welt um, könnte man meinen, dass die Menschheit trotz immer mehr verfügbarer Information und damit trotz mehr verfügbarem Wissen zunehmend verblödet. Das liegt daran, dass viel Information noch lange nicht viel Wissen bedeutet, genauso wenig, wie eine hohe Intelligenz viel Bildung oder ein hohes Maß von Klugheit bedingen.
Das wohl spannenste Bedürfnis ist jenes nach Sicherheit. In der Bedürfnispyramide, die fälschlicherweise Abraham Maslow (1908–1970) zugeschrieben wird, aber vermutlich von Charles McDermid ist, ist das Sicherheitbedürfnis, gleich nach den physiologischen Bedürfnissen sozusagen auf Stufe 2. Man könnte das so deuten, dass es weniger wichtig wäre als unser Bedürfnis, beispielsweise nach Nahrung. Setzen sie sich einmal vor einen Kaninchenbau und halten eine Karotte zum Eingang. EIn hungriges Kaninchen müsste nach dieser Idee den Bau verlassen um an ihrer Karotte zu knabbern. Vielleicht passiert das auch, aber ich vermute sie werden sehr lange warten müssen und zusätzlich alles tun müssen um nicht (noch mehr) als Gefahr wahrgenommen zu werden.