Was ist denn genau Authentizität? Teil1
Teil 1: Sich selbst gerecht werden
Der Begriff Authentizität stammt aus dem Griechischen: „authentikós“ – „echt“. Authentisch zu sein bedeutet also Echtheit. Carl Rogers, der Begründer der Personenzentrierten Therapie spricht von Kongruenz des Therapeuten als einem der Grundpfeiler seiner Therapieform.
Wann ist man echt bzw. kongruent? Schauen wir uns einmal die Definition von Kongruenz an, sehen wir dass der Begriff in unterschiedlichen Kontexten verwendet wird. In der Geometrie sind Flächen kongruent, wenn sie deckungsgleich sind, in anderen Bereichen spricht man von Übereinstimmung.
Was bei Echtheit und Authentizität zunächst nicht klar ist, ist, dass es dementsprechend zwei zu unterscheidende Dinge geben muss, die eben eine Übereinstimmung aufweisen müssen. Gerade der Bereich „Echtheit“ ist hier also irreführend, da er vorgibt auch alleine stehen zu können.
Welche zwei Dinge müssen also für unseren Kontext der Kommunikation übereinstimmen?
Im ersten Schritt muss das was ich von mir denke mit dem übereinstimmen was ich tue. Meine Vorstellung von mir, muss mit meinem Verhalten übereinstimmen. Das klingt einfacher als es ist, können wir unser Verhalten in manchen Bereichen kaum objektiv reflektieren. Ich werde für Handlungen immer (subjektiv gesehen) gute Gründe finden. Psychologen nennen da Rationalisierung. Menschen die am Sonntagsgottesdienst teilnehmen, holen aber wegen des Bettlers vor der Türe die Polizei, damit er verschwindet. Das wird mit subjektiv sehr überzeugenden Rechtfertigungen wie „Bettlermafia“ oder Ähnlichem begründet. Menschen wettern gegen DIE „Ausländer“, mit der Begründung die Ressourcen doch für die eigenen Leute zu brauchen, aber selbstverständlich noch nie selbst einen Euro oder eine Minute für die sogenannten „eigenen Leute“ aufgewendet haben. Reflexionsfähigkeit ist eine Kompetenz die den Zugang zu vielen anderen Fähigkeiten eröffnet. Ich nenne sie daher eine Metakompetenz.
Hier eine kleine Übungsanleitung: Am Anfang steht eine Selbstbeschreibung. Wie glaubst du denn zu sein? Dabei empfehle ich dringend darauf Rücksicht zu nehmen, dass du in unterschiedlichen Kontexten unterschiedliche Rollen hast. Du bist also nicht so oder so, sondern in unterschiedlichen Rollen so oder so, wenn überhaupt. Wenn du diese Liste hast, überprüfe dein Verhalten, also was wirklich von diesen Eigenschaften in der echten Welt ankommt. Es geht also nicht mehr um das was du glaubst, sondern wie du dich tatsächlich verhältst.
Diese Schritte sind sehr wichtig, da du dich hier möglichst ehrlich mit dir selbst auseinandersetzt. Wenn du das tust, werden dir zahllose Diskrepanzen zwischen deinem Verhalten und deinen Vorstellungen von dir auffallen. Das ist nicht schlimm, sondern tatsächlich das Ziel der Übung und der erste wichtige Schritt zur Echtheit bzw. der Kongruenz zwischen deiner Vorstellung und deinem Verhalten. Werde dir also erst einmal selbst gerecht und ich vermute, dass das ein recht leidvoller Prozess sein kann. Tatsächlich wäre ich ziemlich skeptisch, wenn er das nicht wäre.