Warum es nicht so einfach ist, glücklich zu werden

Wir alle wollen glücklich sein. Wir alle haben dieselben Bedürfnisse. Bedürfnisbefriedigung macht glücklich. Na dann... worauf warten wir?

Tja, wenn es nur so einfach wäre!

Der Negativitätsbias

Wir Menschen haben eine ziemlich lange evolutionäre Geschichte hinter uns. Alleine die Gattung des Homo Sapiens ist vermutlich bis zu 500.000 Jahre alt. Das konnte nur gelingen, wenn das Überleben ziemlich hoch auch in der individuellen Rangliste steht. Wenn wir also aus dieser langen Zeit etwas gelernt haben, dann ist es, dass wir doch sehr vorsichtig sein sollen, wenn wir überleben wollen. Das Bedürfnis, das dies gewährleistet ist das nach Sicherheit, die damit verbundene Emotion ist die Angst.

Um es mit den Worten des deutschen Gehirnforschers Manfred Spitzer zu sagen: "Wenn es einmal einen hungrigen Steinzeitmenschen gab, der vor sich plötzlich einen Strauch mit leckeren Beeren sah und darauf zulief, obwohl es dahinter im Gebüsch raschelte, von diesem Individuum stammen wir nicht ab!". Überleben war immer wichtiger als gut leben! Der Psychologe Roy Baumeister und seine KollegInnen veröffentlichten 2001 eine wissenschaftlichen Artikel unter dem Titel „Bad Is Stronger Then Good“, in dem sie zeigen, dass wir Menschen negativen Informationen wesentlich mehr Beachtung schenken und sie auch schneller verarbeiten. Wir nennen das Negativitätsbias. In Bezug auf unser Glück ist das ein ziemliches Handicap.

Das Bild rechts hat übrigens dafür gesorgt, dass ihre Aufmerksamkeit deutlich gestiegen ist.

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Doch dem Bedürfnis nach Sicherheit stehen einige andere Bedürfnisse entgegen, die wir Wachstumsbedürfnisse nennen. Auch diese waren für unser Überleben als Gattung verantwortlich. Denn wir stammen auch nicht von jenen ab, die ängstlich und zitternd in der Höhle verkümmerten, sondern von jenen, die kreativ waren, sich sozial zusammenschlossen um gemeinsam der Gefahr zu trotzen. Wir sind nicht nur ängstlich, sondern wir sind auch unstillbar neugierig. Wir wollen lernen und immer wissen, was hinter der nächsten Ecke ist. Wir wollen also nicht nur "weg-von" etwas, sondern auch immer zu etwas hin. Wir wollen wachsen. Dies ist der grundlegende Konflikt der menschlichen Gattung. Während aber im absoluten Großteil der menschlichen Geschichte die Abwehr von Gefahren dominiert hat, hat sich im letzten Augenblick der Evolution, also vor gerade einmal ein paar hundert Jahren (wenn überhaupt), etwas Dramatisches ereignet. Wir haben die Welt sicher gemacht. Zumindest, wenn es um jene Gefahren geht, die uns so lange bedroht haben. Dafür haben wir viele neue geschaffen, auf die uns die Evolution nicht vorbereitet hat. Ein schreiender Chef verursacht heute dieselben (ungesunden) körperlichen Reaktionen wie ein Säbelzahntiger damals. Wir nennen sie Stress!

Wir sind fehlangepasst!

Die Chance auf Glück

Wir starten also nicht unbedingt aus der Pole-Position. Aber wir haben einen Joker. Dieser ist die unglaubliche Fähigkeit des Menschen zu lernen, sich individuell anzupassen und zu verändern. Das ist begründet in der Neuroplastizität, der Veränderbarkeit unseres Gehirns. Wenn wir verstehen, was Glück ist und wie wir wirklich glücklich werden können, sind wir in der Lage unser Gehirn entsprechend umzustrukturieren. Das ist keine Esoterik, sondern Biologie.

Sie wissen bereits, dass Glück aus Bedürfnisbefriedigung resultiert und Emotionen und Gefühle Botschafter dieser Bedürfnisse sind. Im ersten Schritt muss man also lernen diese wahrzunehmen. Der Schlüssel dazu ist der Zugang zu unserem Körper, denn gerade Emotionen sind körperliche Ereignisse. Wenn ich Sie also frage "Wie geht es Ihnen?", frage ich implizit "Was fühlen Sie?" Wenn Sie jetzt glauben, dass dies eine einfache Frage ist, irren Sie sich gewaltig. Wir können tatsächlich nur metaphorisch über unsere Gefühle sprechen. Wenn ich Sie frage, ob Sie Ihren Partner oder Ihre Partnerin lieben und vor allem, wie sich das genau anfühlt, werden Sie merken, wie schwer das ist. Wir verwenden vielleicht Begriffe wie leicht, schwer, warm und vieles mehr. Doch keine Angst, um glücklich zu sein, müssen Sie es nicht erklären. Sie müssen es nur fühlen und richtig zuordnen. Können Sie tatsächlich Ihre Gefühle gut spüren, erkennen worum es sich genau handelt und im nächsten Schritt erkennen, welches Bedürfnis (meist welche Bedürfnisse) dahinterstehen?

 

 

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Glücksmythen

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Leider stehen dieser einfachen Idee ein paar weitere Hindernisse im Weg, die Sie überwinden müssen. Es gibt nämlich einige Glücksideen, die zwar unsere Gesellschaft stabilisieren, aber die schlicht falsch sind. Gleiches gilt für einige gesellschaftliche Konventionen, die keineswegs glücksförderlich sind. Hier müssen Sie den Spagat zwischen gesellschaftlicher Anschlußfähigkeit und persönlichem Glück finden. Viele von diesen Ideen haben etwas mit Geld, Macht, Sex oder der Art, wie wir Erfolg verstehen, zu tun.

Lassen Sie mich so beginnen: Es gibt kein Bedürfnis nach einem 98"-Flachbildfernseher!

Geld ist wunderbar! Es speichert Bedürfnisbefriedigung. man kann sich davon etwas zu essen, ein Dach über dem Kopf (Sicherheit), mit Freunden auf Urlaub fahren usw. Geld macht also glücklich, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad, danach bringt es ziemlich wenig, mehr davon anzuhäufen. Im Gegenteil, meist ist damit Zeiteinsatz verbunden, der davon abhält glücksförderlichere Dinge zu tun. Kinder sind wunderbar und wahrscheinlich sehr sinnstiftend, allerdings gibt es eine Reihe von Studien, die belegen, dass das Glücksniveau nach der Geburt von Kindern deutlich sinkt und erst wieder das Ausgangsniveau erreicht, wenn sie ausziehen. Diese Ideen über Dinge, die vermeintlich glücklich machen, nennen wir "Superreplikatoren". Es sind Geschichten, die wir immer weiter erzählen. Würden wir damit aufhören, würde unsere Gesellschaft zusammenbrechen oder wie im Beispiel der Kinder, einfach aussterben. Ähnliches gilt für das, was wir in unserer Gesellschaft für Erfolg halten. Wir erleben laufend, dass Menschen, die im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen und durchaus in Luxus leben, höchst unglücklich sind, trotzdem beneiden wir sie mehrheitlich. Wir sind ziemlich schlecht darin, uns die richtigen Dinge zu wünschen!

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